Zweierlei Maß - eine kleine Entwicklungshilfe
Den kleinen Leuten – und das ist in Ägypten die Masse – geht durch den fehlenden Tourismus und der schlechten Wirtschaftslage allmählich das Geld aus. In Dahab werden die Kellner kaum mehr bezahlt, Mieten für Geschäfte nicht mehr bezahlt und über die steigenden Lebensmittelpreise wird allerorten gejammert. Ein Kilo Reis kostete bis vor kurzem noch 3,50 ägyptische Pfund, jetzt sind es auf einmal 5 Pfund. Der Gemüsehändler lässt mich für das Kilo Tomaten 5 Pfund zahlen, während er von einem ägyptischen Kunden nur 3 Pfund nimmt. Ich habe beschlossen, mich darüber nicht mehr zu ärgern oder auf mein Recht auf einen gleichen Preis zu bestehen. Ich besitze genug Geld, um mir auch die überteuerten Lebensmittel leisten zu können, ich besitze sogar soviel Geld, dass ich jetzt nach Europa reisen kann, um meine Familie zu besuchen. Der Gemüsehändler hat in seinem Leben niemals die Möglichkeit eine Urlaubsreise nach Europa zu machen. Ich fand es auch in Ordnung, dass ich bei dem Besuch des Taj Mahals in Indien, 500% mehr zahlte als ein indischer Besucher. Zu diesem Zeitpunkt verdiente ich etwa 1000% mehr als ein durchschnittlicher Inder. Es ist gerechtfertigt, dass ich meine „Entwicklungshilfe“ auf diese Weise leiste, auch jetzt in Ägypten.
Für europäische Verhältnisse bin ich eine arme Kirchenmaus, für ägyptische Verhältnisse bin ich wohlhabend. Und so lange ich das bin, folge ich der islamischen Richtlinie, etwas 10% meines Einkommens an Bedürftigere weiterzugeben. Ich würde nicht 50 Pfund für ein Medikament zahlen, von dem ich weiß, dass es nur 2,50 Pfund kostet, so etwas ist hier auch schon vorgekommen. Aber ich erspare mir den Ärger und den Frust, das sonst aus dem Gefühl der Ungerechtigkeit geboren wird, und gebe dem Gemüsehändler, was er verlangt, in der Hoffnung, dass meine finanzielle Unterstützung wenigstens seiner Familie weiterhilft.