Aufstand in Ägypten: 1.2.2011
Am Morgen rufe ich eine Freundin an, die nach Kairo gegangen ist. Sie ist auf dem Weg zum Tahrir Platz, wo eine riesige Demonstration stattfinden soll.
"So viele Leute sind schon unterwegs," sagte sie, "ich kann es gar nicht glauben. Sehr aufwühlend, sehr emotional."
Ich gehe während des Tages meinen üblichen Aufgaben und Vergnügungen nach, aber innerlich fühle ich diese Aufregung. Überall in ganz Ägypten gibt es riesige Demonstrationen, alles könnte sich heute entscheiden.
Dahab ist ein Platz wie hinter dem Mond. Die Welt könnte untergehen, in Dahab läuft alles wie gehabt. Gäbe es nicht die Gerüchte und das gesperrte Internet würde man in Dahab überhaupt nicht mitbekommen, welche Umwälzungen im Land stattfinden.
Ich rede mit einer Schweizerin, die mit einem Ägypter verheiratet ist. Sie erzählt, heute morgen sei ihr Mann erstmals nervös geworden und hätte gesagt, sie sollte sich eventuell um einen Flug bemühen. Er habe Angst, die Aufständischen kämen von Süden nach Dahab und die Israelis würden von Norden her einmarschieren, weil sie keinen islamischen Staat in Ägypten erlauben würden. Dieses Szenario erscheint mir völlig absurd, aber für sie ist es eine ernsthafte Überlegung wert.
So beobachte ich, wie die Angst und die Unsicherheit mit jedem sein eigenes, grausames Spiel spielt.
Mehrere Leute sprechen davon, nach Europa zu fliegen, nur zur Sicherheit.
Ich treffe eine Freundin zum Mittagessen, die zufälligerweise in zwei Wochen einen Flug nach Deutschland gebucht hat, also ein Ticket hier raus hat. Ich merke, dass ich sie darum beneide. Ich überlege, ob ich meine Mutter anrufen soll, damit sie mir einen Flug bucht. Nur für 1-2 Wochen weg, bis sich die Situation beruhigt hat oder sich abzeichnet, wie es weitergeht.
Doch wieder stellt sich die Frage, was mit meinen Haustieren dann geschehen soll und ich habe ja auch noch andere Verpflichtungen.
Also versuche ich, mich nicht irre machen zu lassen. Abwarten, was nach der großen Demonstration raus kommt.